Im Jahr 2006 sollte unserer langersehnter Traum – einmal mit dem Motorrad um die Welt gefahren zu sein – verwirklichen. Nachdem wir Europa, Nord- und Süd-Amerika, Australien und Afrika bereist hatten, stand Asien auf unserer Wunschliste. Aufgrund der politischen Situationen im Süden (Iran, Afghanistan, etc) entschlossen wir uns die nördliche Route zu nehmen.
Am 11. Juni starteten wir in Stuttgart-Bad Cannstatt und erreichten noch am selben Tag die Grenze zu Tschechien und Prag, die “goldene Stadt“ an der Moldau. Weiter ging es dann über Warschau in Polen, Vilnius in Litauens und Riga in Lettland nach Tallin – der Hauptstadt Estlands. Von Tallin aus sind es nur noch rund 215 Kilometer bis zur russischen Grenze. Auf diesen letzten Kilometern entlang des finnischen Meerbusens, gehen einem die Horrorgeschichten von Freunden, Bekannten und Besserwissern durch den Kopf, die uns zugetragen wurden, nachdem wir unser Reiseziel bekannt gegeben hatten und natürlich die Sorge, ob wir ohne russische Sprachkenntnisse durchkommen und ob alle benötigten Papiere vollzählig sind. Sorgen und Gedanken, die absolut unbegründet waren.
Nach 3 Std. an der russ. Grenze erreichten wir noch am selben Tag St.Petersburg. Erstaunt über den westlichen Standard und den unzähligen Sehens- würdigkeiten verbrachten wir einige Tage bevor wir uns auf den Weg in die fast 10 Millionen Metropole Moskau machten. Liebevoll wird sie von den Russen “Mütterchen Moskau“ genannt. Auch hier kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus und kann ohne weiteres mehrere Wochen verbringen, um all die Sehenswürdigkeiten (Roter Platz, Basilius-Kathedrale, Kreml, etc.) zu bestaunen. Unser Aufenthalt wurde allerdings auch von der Tatsache getrübt, daß Renates Urlaub zu Ende war und sie mich hier verlassen musste. Ab jetzt war ich für die restlichen 6000 Kilometer bis Vladivostok auf mich allein gestellt. Bereits am nächsten Morgen verließ ich Moskau in Richtung Osten, durchquerte das Wolga-Gebiet mit seinen Wiesen, Feldern und endlosen Steppen. Ab Perm begann die Durchfahrt durch den Ural, der geographischen Grenze zwischen Europa und Asien. Die Landschaft wurde hügeliger und dichter bewaldet, bis sie bei Tumen in die sibirische Tiefebene überging. In Omsk hatte ich erstmals Kontakt zu einem Bikerclub und wurde überaus herzlich von Alexeji und seinen Mannen aufgenommen. Die Gastfreundschaft wird trotz teilweiser hoher Armut in Russland noch sehr groß geschrieben.
Der Baikal-See – die “Perle Sibiriens“ und größter Süßwassersee der Welt, die unendliche Weite, die Unberührtheit der Natur und die Hilfsbereitschaft der Leute entschädigen für die immer schlechter werdenden Straßen auf dem Weg nach Osten. Etwas unter Zeitdruck und um einem etwaigen Rahmenbruch vorzubeugen, bestieg ich samt Motorrad in Chita die transibirische Eisenbahn, die mich nach Chabarovsk brachte. Natürlich ließ ich es mir nicht nehmen, die letzten 900 Kilometer wieder selbst zu fahren. Aus dem Traum “mit dem Motorrad in Etappen um die Welt zu fahren“ wurde am o1.o8.2oo6 um 14 Uhr Wirklichkeit, als ich das Ortsschild von Vladivostok passierte.
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